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Das Monsterhaus  die Sandbank

 

Es war eine Schwanzmeise, die seit drei Tagen zur Mittagszeit wiederholt gegen die Wohnzimmerscheibe flog und durch ihr immer währendes Klopfen meine Mittagsruhe störte und mich dann später zum Nachdenken anregte.

 

Warum flog die Meise immer wieder gegen die Scheibe? Was konnte dieses Tier dazu bewegen ins Innere des Hauses zu gelangen und dann auch noch mit dem Kopf zuerst durch die Scheibe?

 

Ich fand für mich drei Möglichkeiten: 

Die Schwanzmeise hatte einen an der Meise und war für einen Vogel völlig aus dem Tritt und dementsprechend verhaltensgestört.

Die Schwanzmeise war gar keine richtige Schwanzmeise sondern sie war ein geschickter Engel, der mir ein Zeichen geben sollte.

Die Meise suchte eine Behausung für den Nachwuchs.

 

Die letztere der drei Möglichkeiten war für mich die plausibelste. Der Geier brauchte einen Kasten.

 

Mir fiel spontan das Vogelhaus ein, welches ich vor einem Jahr hinten im Hof bei den Fahrrädern unter dem Vordach an einen dicken Dachbalken genagelt hatte. Dieses Haus wollte keiner und somit holte ich es im Geiste schon auf die Terrasse. Ich überlegte, wie ich es abnehmen könnte und dachte darüber nach, wie es wohl am besten dicht beim Futterplatz aussehen würde.

Fressen und pennen, dachte ich!

 

Ich rekelte mich also ganz langsam aus meinem Sofa hervor und verbrachte Anstrengungen, meinen Alabasterkörper senkrechter Weise durch die Terrassentür nach außenbords zu verbringen. Alles in der Hoffnung, einem nervenden Tier ein Zuhause zu besorgen.

 

Zunächst ging ich aber auf die Terrasse und schaute mir die Kameraden an, die sich über das Terrassennahrungsangebot, ohne sich von mir gestört zu fühlen, hermachten. Baumläufer, Grünlinge und sogar Spechte durfte ich aus nächster Nähe beobachten. Die Spechte fütterten ihre Jungen ganz unbesorgt und sie wussten genau um meine Nähe!

 

Durch die tägliche Fütterung, Sommer wie Winter, begannen die Tiere sich an uns zu gewöhnen. Wir konnten mit bis zu 10 Personen auf der Terrasse kaffeetisieren*, ohne das der rege Flugverkehr abbrach.

 

*Kaffeetisieren: Gemeinsames Tratschen und Sabbeln bei Vereinnahmung anregender Getränke und fürchterlich süßen Speisen.

 

Der Futterplatz ist genau am Ende der Terrasse und von meinem Sitzplatz aus  höchstens 3 Meter weit entfernt.

Im Sommer hängen dort große Knödel, welche die Vögel sehr gerne und fleißig annehmen und verkleinern. (Dabei werden Nachkommen erzeugt, es gibt ja genug Futter, da kann man schon mal ein Ei mehr legen!) Von diesen großen Knödeln habe ich 7 Stück zusammengebunden und hingehängt. Es ist schon ein beachtlicher Klotz, der dort hängt.

 

Thorsten, der bei uns in der Oberwohnung wohnt und sich immer ein bisschen im Garten nützlich macht, war damit beschäftigt, die Zedernholzgartenmöbel mit Wasser und Bürste zu säubern. Letzte Woche hatte er noch 3 Raummeter Kaminholz im Hof bei den Fahrrädern gestapelt.

 

Ich erzählte ihm von meinem Vorhaben und ging nach hinten in den Hof um nachzusehen, wie ich das Objekt der Begierde loseisen könnte. Ich erinnerte mich, dass ich das Vogelhaus nur öffnen muss und dass ich es dann mit einer Schraube vom Dachbalken lösen könnte.

Es hing aber zu hoch und ich überlegte, ob ich vielleicht das darunter stehende Damenrad als Trittleiter benutzen könnte. Ich stieg auf die beiden Pedalen, war ein eher kleines Stück näher am Haus und wollte es gerade öffnen, als ich den schwarzen Dreck auf der Tür erblickte.

 

Ich ging wieder ins Haus, holte meine Brille und einen Tritt und wollte mir die ganze Sache einmal genauer ansehen.

 

 

*

 

 

Sieben Monate vorher verstarb unsere Katze. Es ist merkwürdig, aber die Vögel haben sich die ganze Zeit über unseren Charlie amüsiert. Charlie, Charlotte war sicher noch schnell genug um einen kranken Vogel zu ergattern, aber sie war auch alt genug, um zu wissen, dass sie die gesunden Vögel nicht bekommen würde und dass die Vögel sie mehr und mehr veräppeln.

 

Da liegt die Katze auf dem Gartenstuhl direkt vor dem Knödelparadies und schaut sich von unten das wilde Treiben der Kandidaten mit den Flügeln an. Ja, wenn ich jetzt fliegen könnte, dachte sie bestimmt.

 

Annette, meine liebe Frau, kam gerade vom Walken zurück und stellte ihr Fahrrad in den Hof.

 

Am Abend wurde ein bekanntes Problem erneut auf den Punkt gebracht:

"Das kann doch nicht sein, schau doch mal!"

 

Wir leben hier in Friedeburg direkt am Wald.

Friedeburg hat den größten Waldbestand Ostfrieslands.

Da bringen die Katzen schon mal was tolles aus dem Wald mit nach Hause mit.

 

Annette hatte ihr Hosenbein aufgekrempelt und deutete mit ihrem Zeigefinger auf drei rote Punkte.

"Das sind doch Flohbisse!" sagte sie mit verformter Stimme.

Ich entgegnete sofort:

 

"Flöhe!? Wo sollen die denn jetzt herkommen? Charlie lebt nicht mehr!"

 

"Du weißt doch, dass die Brut der Flöhe jahrelang eingekapselt überleben kann und wenn ein Warmblüter in die Nähe kommt, dann macht das POP und das Vieh sitzt dir am Bein und beißt zu!"

 

"Ja, schon!" sagte ich, "aber wo sollst du dir die Flohbisse hergeholt haben?"

 

"Im Keller! Wenn ich in den Keller gehe um die Wäsche zu waschen. Die Flöhe sind bestimmt im Keller und du weißt doch, dass die sich einkapseln können!"

 

Am nächsten Tag ging ich zur ostfriesischen Raiffeisen Genossenschaft und erkundigte mich nach Mitteln gegen Ungeziefer.

Gehen sie mal in einen Laden und sagen sie laut und deutlich:

 

"Haben sie etwas gegen Flöhe!!"

 

Beobachten sie mal, wie schnell die Leute neben ihnen weg sind.

Einige verrenken, von Peinlichkeit berührt, ihre Gesichter und tun so, als hätten sie das gar nicht mitbekommen.

 

Ich bekam ein Pulver, welches den Panzer der Blutbeißer durch Scheuerbewegungen zermürbt und beschädigt.

 

"Flöhe, jetzt seht ihr alt aus!" dachte ich und begann damit, den schönen Teppichboden in unseren Hobbykellerräumen mit Flohpulver zu bestäuben.

Das konnte kein Floh überleben.

 

Wenn man wie wir direkt am Wald wohnt und Katzen hat, dann kennt man sich auch mit Zecken und Flöhen aus und weiß, wie man diesen Plagegeistern begegnen muss.

 

Bei Flöhen nützt kein zerquetschen, sie haben einen Panzer und wenn man sie sieht, dann sind sie auch schon wieder weg. Sie springen einen halben Meter weit und sind dann für den Betrachter aus dessen Blickfeld verschwunden. Hat man aber einen erwischt, dann sollte man ihn fest zwischen Daumen und Zeigefinger pressen, damit zum Waschbecken laufen und das Tierchen baden. Im Wasser können sie nicht springen und sind leicht zu entsorgen. Allerdings: wo ein Floh ist, da sind meist noch Geschwister, Tanten, Onkel, Neffen und Cousinen.

 

Das Pulver ist jedenfalls super und unser Haus war nach ein paar Tagen flohfrei!

Innerhalb weniger Sekunden bohrt der hungrige Floh seine scharfen Stechborsten in die Haut des Opfers, bis er auf ein Blutgefäß trifft. An den Probestichen in einer Reihe kann man gut erkennen, dass ein Floh am Werk war.

Fangen sie jetzt auch schon an sich zu kratzen?

Annette kam wieder vom Walken zurück und zeigte mir neue Flohbisse. Einen sogar direkt auf ihrem ... Sorry, mag ich jetzt nicht sagen.

 

Mich lassen die Biester in Ruhe, es muss wohl mit dem Blut zusammenhängen, oder aber die Bestien mögen kein Bier welches ich aus gesundheitlichen Gründen hin und wieder zu mir nehmen muss.

 

Wir konnten uns nicht erklären, wo Annettes Bisse herkamen und Mückenstiche sehen nun einmal anders aus und sind auch nicht so schön angeordnet.

 

Flöhe beißen immer gleich dreimal zu und dementsprechend hat man dann auch drei oder mehrere rote Punkte, die heftig jucken können, sagt Annette jedenfalls.

 

Flöhe im Haus, das hielt ich nach meinen Anstrengungen für unwahrscheinlich. Ich war ganz einfach ratlos und Annette war völlig fertig.

 

Thorsten war im Garten immer noch mit der Säuberung der Zedernholzgartenmöbel beschäftigt. Seine Hosenbeine waren schon nass.

Die Sonne schien und auch unsere Nachbarn waren dabei, ihren Garten für den Sommer wieder fitt zu machen.

 

Das Unkraut wurde gezupft, die Kanten wurden präzisiert, der Rasen war schon gemäht und alle Grashalme hatten exakt eine Länge ...

Es roch nach frisch gemähtem Gras, die Vögel zwitscherten und ein jedes Lebewesen erfreute sich der erwachenden Natur. Es war ein schöner Tag und unsere Nachbarn genossen es sehr, uns den Tag auch genießen zu sehen.

 

Ich hatte eine Leiter in der Hand und meine Brille auf der Nase. Nix wie hin zu meinem Vogelhaus, welches jetzt einen neuen Bauplatz bekommen sollte. Ich schaute vorher noch einmal die Wand auf meiner Terrasse an und guckte einen entsprechenden Platz für meine Lieblinge aus. Dann ging ich mit der Leiter bewaffnet in den Hof hinein, stellte die Leiter neben Annettes Fahrrad und ging direkt zwei Stufen hoch und schaute auf ein Vogelhaus, welches nicht dreckig,  sondern mit Eintagsfliegen übersäht war.

 

Annette war in der Küche, es würde heute Bratwurst mit süßsauren Linsen geben. Es nützte nichts, ich musste hineingehen und Annette von dem Haus berichten.

 

Auf dem Weg in die Küche schlugen mir die wohligsten Gerüche mitten in die dafür empfänglichen Nervenbahnen und ich glaube, mein Magen knurrte wie ein hungriger Wolf.

 

Annette hatte Ihre Schürze um und war dabei die süßsauren Linsen abzuschmecken. Vier frische Bratwürste brutzelten in der Pfanne und hatten eine wunderbare Bräunung. Bei diesem Anblick bleibt einem glatt der Verstand weg. Annette ist eine Spitzenköchin und Eckart Witzigmann sollte sich mal das Rezept ihres Rotkohls geben lassen. Der schmeckt bei dem nämlich grauslich!

Gleich würde sie sagen: "Bitte zu Tisch!" und ich konnte meine Wünsche, das Vogelhaus betreffend, noch nicht äußern.

 

Während des Essens sprachen wir über meine Pläne und darüber, dass ich den Vögeln eine weitere Brutstätte einrichten wollte und das auf unserer Terrasse an der wettergeschützten Wand.

 

Annette sagte nur: "Meinst Du nicht, dass der Platz für die Vögel zu aufregend ist?"

 

"Was soll die schon aufregen?" gab ich zurück: "und überhaupt sind die Vögel unnatürlich zahm, ich habe so etwas jedenfalls noch niemals vorher so erlebt. Man steht praktisch neben ihnen und kann dabei zuschauen, wie sie sich die einzelnen Körner aus den Knödeln picken.

Weißt du noch, als ich damals zum ersten mal einen Buntspecht an den Knödeln gesehen habe? Kannst du dich noch erinnern, wie sehr ich damals in Sorge war, dass der große Vogel mit drei Hapsen den ganzen Knödel auf einmal verspeisen würde und ich dann, wegen der Kosten, dass Füttern ganz einstellen müsste? Ich hätte den großen Vogel am liebsten verjagt!"

 

"Ja, daran kann ich mich noch gut erinnern aber wie es im Leben so ist, benimmt der große Vogel sich wie ein Vogel und nicht wie ein Krokodil!"

 

"Trotzdem geht das auf die Kosten! Ich hänge jeden fünften Tag 3 große Knödel hin.

Allerdings werden wir dafür belohnt, denn die Vögel danken uns das mit einer unglaublichen Zuneigung. Ich warte noch auf den Tag, wo mir eine Meise aus der Hand frisst. Ich weiß, dass Meisen Mehlwürmer aus der Hand nehmen, aber ich mag die Mehlwürmer nicht in die Hand nehmen, willst Du das nicht mal probieren?"

 

Damit war das Gespräch auch fast beendet, wenn nicht zufällig ein dicker Brummer sich mit autoritären Geräuschen durch die Küche bewegt hätte. Jetzt kam der Spruch, der kommen musste: "Mach die Fliege tot!"

 

Ich nahm die Fliegenklatsche vom Heizungsthermostaten, sie hängt dort immer griffbereit und haute damit zwölf bis fünfzehn Löcher in die Luft. Das Mistvieh wollte nicht stillhalten.

 

So ganz langsam kamen wir auch wieder auf das Gespräch meiner Begierde zurück:

"Möchtest du dir nicht mal das Vogelhäuschen ansehen, welches ich dafür in Augenschein genommen habe?"

 

"Wieso?" fragte Annette mit fragwürdigem Blick: "Warum soll ich mir das ansehen? Ist da etwas besonderes dran?"

 

"Nein, natürlich nicht, aber ich habe darauf eine große Herde Eintagsfliegen gesehen und wollte dich bitten, dir das mal näher anzuschauen; ich bin mir nämlich nicht ganz sicher, ob das Eintagsfliegen sind oder vielleicht ..."

 

"Oder was!?" schauderte Annette mir entgegen: willst du etwa sagen, dass da draußen Flöhe sind!?"

Dienstag, 24. Mai 2016 16:49:45

"Genau! Schaust du bitte mal mit mir zusammen nach, was das sein könnte?"

 

Sie legte das Besteck aus der Hand und ging mit mir nach draußen. Ohne Verzögerung und ohne Ansprache ging es direkt an Thorsten vorbei in den Hof. Sie schaute auf das Vogelhaus und sagte:

"Das sind Flöhe!?"

 

Ich war mir nicht sicher und besorgte mir aus einer Ecke einen langen, dünnen Stock und erwiderte:

"Wenn ich gleich mit dem Stock dagegen klopfe, dann werden wir wissen, ob die Fliegen wegfliegen oder nicht!"

 

Ich ging die Leiter einen Schritt hoch und tupfte mit dem Stock vorsichtig gegen das Haus. Es gab ein knackendes Geräusch und explosionsartig flogen tausend schwarze Punkte durch die Luft. "Es sind Flöhe!" schrie Annette und ging fünf Meter von mir weg. Ich schaute auf meinen linken Arm und erblickte eine Gruppe von ca. 30 Flöhen, die ich sofort abwischte. Beim Blick auf den rechten Arm rief ich: "Mach mir die Flöhe weg!"

 

"Du spinnst wohl," schrie sie: "dann habe ich die nachher alle!"

 

Thorsten kam angerannt, krempelte seine Hosenbeine auf und gab zum Besten:

 

"Jetzt weiß ich endlich, was das für rote, juckende Quaddeln sind auf meinen Waden! Ich dachte, das wären Mückenstiche! Letzte Woche habe ich noch das Kaminholz hier aufgestapelt!"

 

Annette fuhr fort: "und mein Fahrrad steht direkt drunter, na toll!"

 

Mir taten die Biester nichts, aber mein Körper war von Kopf bis Fuß voll von Flöhen!

 

"Was soll ich denn jetzt machen!" rief ich und Annette und Thorsten sprachen gleichzeitig: "Komm mir bloß nicht zu nahe!"

 

"Zieh dich aus!" befahl meine Frau: "ich hole dir einen Plastiksack, dann kannst du deine Sachen reinschmeißen und oben zubinden!"

 

Währenddessen ich mich nackend auszog, bestaunten unsere Nachbarn unsere tollen Aktivitäten im Garten.

 

Als ich völlig entblättert im Hof stand, kam Annette mit dem Sack.

 

"Bleib ja wo du bist!" drohte sie und warf mir den gelben Sack zu.

 

Hemd, Hose, Unterhemd, Unterhose, Socken kamen in den Sack und ich band ihn zu. Danach  wischte ich mir den Körper

 

Hier lesen Sie die Geschichte weiter:

 

Der Prinz vom 12ten Planeten

Der Prinz vom 12ten Planeten

 

 

Mast un Schootbruch ...
holli
Tostaennig foer Seemannsgoorn un kien Seemannsgoorn.

Rächtzschreipfähler
© 2007 by Holger Ehrling
 

   FLÖHE   ---   SPECHTE   ---   HÜHNERBARONE  

 

 

 

 

 

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